EuGH stärkt Informationspflicht über gefährliche Chemikalien

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer Grundsatzentscheidung das Auskunftsrecht von Verbrauchern über gefährliche Stoffe in Produkten massiv gestärkt. Künftig müssen Handel und Industrie deren Verwendung auch dann ausweisen, wenn diese nur einzelne Teile eines Produkts betreffen.

Nach einer EU-Verordnung aus 2006 müssen Hersteller und Händler die Verwendung bestimmter Stoffe der Europäischen Chemikalienagentur anzeigen, die als krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend oder sonst als für Mensch oder Umwelt „besonders besorgniserregend" gelten. Diese Informationspflicht greift, wenn ein Produkt mehr als 0,1 Prozent eines solchen Stoffes enthält. Auf Nachfrage können auch die Verbraucher entsprechende Auskunft verlangen.

Streitig zwischen Europäischen Kommission, Europäischer Chemikalienagentur ECHA und den den Mitgliedstaaten war bislang, ob die Schwelle von 0,1 Prozent erst für das gesamte Produkt gilt, oder auch für einzelne Teile. Als Beispiel wurden in dem Verfahren der Bezugsstoff eines Sessels oder die Lenkergriffe eines Fahrrads genannt, die giftige Weichmacher enthalten können. Die Mehrheitsmeinung vertrat die Auffassung, dass sich die Konzentrationsgrenze bei komplexen Produkten nur auf das Gesamterzeugnis bezieht. Damit wäre zum Beispiel die Informationspflicht darüber, dass ein Fahrradgriff einen krebserregenden Plastikweichmacher enthält, entfallen, sobald der Griff am Lenker montiert und die Konzentrationsgrenze bezogen auf den montierten Lenker mit seiner deutlich größeren Masse 0,1 Prozent unterschritten hätte. Dem hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun einen Riegel vorgeschoben und entschieden, dass die Verpflichtung der Hersteller, ihren Kunden und den Verbrauchern mitzuteilen, wenn in einem Erzeugnis mehr als 0,1 Masseprozent eines besonders besorgniserregenden Stoffes vorhanden sind, auch dann gilt, wenn das Erzeugnis in ein komplexeres Produkt eingebaut ist.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks begrüßt den Richterspruch: „Mit seinem Urteil hat der EuGH die Ziele der europäischen Chemikalienpolitik, den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, deutlich unterstrichen. Gleichzeitig trägt das Urteil zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts bei. Transparenz über das Vorhandensein von besonders besorgniserregenden Stoffen in der gesamten Lieferkette verbessert die Möglichkeiten der Unternehmen, diese Stoffe in ihren Produkten zu vermeiden und schafft zugleich Marktanreize für die notwendigen Umstellungen."

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