9. GWB-Novelle in Kraft getreten

Am 9. Juni ist die 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft getreten.

Die Schwerpunkte der Novelle betreffen das Kartellschadenersatzrecht und die Anpassung des Gesetzes an das digitale Zeitalter, insbesondere im Bereich der Vorschriften über marktbeherrschende Unternehmen und der Fusionskontrolle. Auch die unter dem Stichwort „Wurstlücke“ vielfach diskutierte Unternehmenshaftung für Kartellrechtsverstöße wird verschärft.

  • Kartellrechtliche Schadenersatzklagen: Zentraler Bestandteil – und eigentlicher Anlass der Novelle – war die Umsetzung der EU-Kartellschadenersatzrichtlinie (2014/104/EU) in nationales deutsches Recht. Hiernach sollen Kartellopfer die ihnen entstandenen Schäden gegen vormalige Kartellanten in Zukunft deutlich besser durchsetzen, als dies in der Praxis bislang der Fall war. Deshalb verjähren Kartellrechtsverstöße nach neuem Recht zum Beispiel erst nach fünf Jahren, anstatt wie bisher nach drei Jahren. Es wird zudem widerlegbar vermutet, dass ein Kartell auch einen Schaden zur Folge hat.
  • Gesetzliche Auskunftsansprüche: Auch die Möglichkeiten der Informationsgewinnung (sowohl für Kartellgeschädigte als auch für Kartellanten) wird deutlich verbessert. Vor allem Opfer eines Kartells können so erheblich komfortabler an notwendige Auskünfte gelangen, um einen Schadenersatzanspruch vor Gericht besser darlegen zu können. Zukünftig ist jeder, der einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des Kartellrechts glaubhaft machen kann, berechtigt, von dem vormaligen Kartellanten Auskunft und Herausgabe von Beweismitteln zu verlangen. Dagegen wird auch dem beklagten Kartellanten bei einer gerichtlichen Inanspruchnahme auf Schadenersatz die Möglichkeit eingeräumt, den Einwand der Weiterwälzung eines beim Kläger entstandenen Schadens an dessen Abnehmer geltend zu machen (sog. passing on defense).
  • Änderungen bei Unternehmenszusammenschlüssen: Auch der Bereich der Fusionskontrolle soll an die zunehmende Digitalisierung der Märkte angepasst werden. Nach der neuen Aufgreifschwelle des § 35 Abs. 1a GWB ist ein Zusammenschluss dann zusammenschlusskontrollpflichtig, wenn die beteiligten Unternehmen die Umsatzschwelle des § 35 Abs. 1 Nr. 1 GWB (500 Millionen Euro weltweit) überschritten haben, ein Beteiligter im Inland mehr als 25 Millionen Euro und weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen jeweils mehr als 5 Millionen Euro im Inland umgesetzt haben, aber der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist. Die neue Aufgreifschwelle soll Zusammenschlüsse erfassen, bei denen ein hohes Marktpotential des Zielunternehmens besteht, welches noch nicht in den jeweiligen Umsätzen ablesbar ist, so dass die Schwellen des § 35 Abs. 1 GWB (noch) nicht erreicht werden.

Bundeskartellamt neue Kompetenzen im Bereich des Verbraucherschutzes

Mit der 9. GWB-Novelle hat der Gesetzgeber dem Bundeskartellamt neue Kompetenzen im Bereich des Verbraucherschutzes übertragen. Das Bundeskartellamt kann künftig bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, wie beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder rechtliche Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen, Sektoruntersuchungen durchführen. Diese richten sich nicht gegen bestimmte Unternehmen, sondern verfolgen den Zweck, Marktbedingungen vertieft zu erforschen. In der Praxis der vergangenen Jahre hat das Bundeskartellamt mittels Sektoruntersuchungen wettbewerbsbezogene Beschränkungen ausgemacht und Lösungen entwickelt, beispielsweise bei Tankstellen, der Fernwärmeversorgung, dem Milchmarkt oder Ablesediensten. Künftig können solche Untersuchungen auch mit Blick auf den Verbraucherschutz eingeleitet werden, nämlich wenn die Vermutung besteht, dass erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße vorliegen, die eine Vielzahl von Verbrauchern beeinträchtigen. Ebenso kann sich das Bundeskartellamt künftig in laufende gerichtliche Rechtsstreitigkeiten, die solche Verstöße zum Gegenstand haben, einschalten. Die genannten Befugnisse werden in einer neu eingerichteten Beschlussabteilung für Verbraucherschutz gebündelt, die in Kürze ihre Arbeit aufnimmt.

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