Vergütungspflicht für höherwertige Dienste im Rahmen von Praktika

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass auch bei einem unentgeltlich vereinbarten Praktikum eine Vergütungspflicht besteht, wenn über den Rahmen des Praktikums hinaus höherwertige Dienste verrichtet werden. Dem stehe auch § 22 Abs. 1 MiLoG nicht entgegen (9 AZR 289/13).

In entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 1 BGB könne ein Anspruch auf Vergütung auch dann bestehen kann, wenn ein unentgeltliches Praktikum vereinbart worden sei. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt grundsätzlich eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dies gelte auch dann, wenn die Anwendung des Berufsbildungsgesetzes und damit der Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 26 i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 1 BBiG ausgeschlossen sei (§ 7 PsychThG).

Denn § 612 Abs.1 BGB komme nach der ständigen Rechtsprechung des BAG dann (entsprechend) zur Anwendung, wenn über den Rahmen eines Arbeitsvertrags hinaus faktisch höherwertige Dienste auf Veranlassung des Arbeitgebers oder mit seiner Billigung geleistet werden, für die eine Vergütungsregelung fehle. Das Gleiche gelte, wenn ein Praktikant höherwertige Dienste verrichte, als die, die er während des Praktikums zu erbringen habe. ?Im Hinblick auf den zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 MiLoG führt das BAG aus, dass die Anwendung dieser Vorschrift voraussetze, dass das Praktikum „aufgrund" einer Ausbildungsordnung geleistet werde. Daran fehle es aber, wenn die Durchführung des Praktikums von der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Art und Weise erheblich abweiche. Im vorliegenden Fall waren u. a. eigene Patientenbehandlungen während der praktischen Tätigkeit nicht vorgesehen.

Das BAG stellt  allerdings klar, dass eine Tätigkeit, die über die vertraglich geschuldete hinausgehe, zwar auch unentgeltlich zu erbringen sein könne, wenn sie z. B. nur probe- oder vertretungsweise zugewiesen werde. Ob und wie lange danach die Dienstleistungen ohne das ihnen entsprechende Entgelt zu erbringen seien, hänge von dem vom Tatsachengericht zu bewertenden Einzelfall ab. Auch sei in Bezug auf die Vergütungserwartung zu berücksichtigen, dass die im Rahmen eines Praktikums zu erbringende Ausbildung für den Ausbilder regelmäßig einen erheblichen Aufwand bedeute, weshalb ein Praktikant nicht für jede vom ihm erbrachte nicht geschuldete Leistung ohne weiteres Anspruch auf Vergütung habe.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Volltext finden Sie HIER

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